Im ers­ten Teil haben wir die Bedeutung der drei sta­tis­ti­schen Kenngrössen durch­schnitt­li­che Rendite (Mittelwert), die Streuung (Standardabweichung, Risiko, Volatilität) und Korrelation (Verhältnis zu ande­ren Wertpapieren) ken­nen gelernt. Wir wis­sen nun, dass die Rendite nur die hal­be Wahrheit ist und allei­ne nicht viel aus­sagt. Was zählt ist die risi­ko­ad­jus­tier­te Rendite oder eben die Rendite im Verhältnis zum Risiko.

Vorteil von Diversifikation

Anhand von zwei Portfolios kann der Vorteil der Diversifikation auf­ge­zeigt wer­den. In den bei­den fol­gen­den Portfolios wird eine Münze als Zufallsgenerator benutzt.

Portfolio mit einem Asset

Zuerst das Portfolio aus einem Asset, nen­nen wir dies Asset A.

Ergebnis Münzwurf Return
1 Kopf 30%
2 Zahl -10%

Eine simu­lier­te Serie wür­de eine Rendite von 1.3x0.9=1.17 für zwei Zeitperioden erge­ben, d. h. die Rendite beträgt zuerst 30% und danach folgt ein Verlust von 10%, daher die­se Multiplikation. Den am Anfang ein­ge­setz­ten Betrag kann mit 1.17 mul­ti­pli­ziert wer­den, um den Endbetrag zu berech­nen. Angenommen Sie hät­ten CHF 100 inves­tiert, dann hät­ten Sie nach zwei Zeitperioden CHF 117. Der Mittelwert (arith­me­ti­sche Mittel) ist 10% und die Standardabweichung beträgt 20%. Das geo­me­tri­sche Mittel beträgt 8.17%.

Geometrisches Mittel

Angenommen Sie besit­zen eine Aktie im ers­ten Jahr ver­dop­pelt sich die­se (100% Rendite) und im zwei­ten Jahr hal­biert sich der Wert (-50% Rendite), d. h. ein Verlust von 50%. Damit haben Sie in zwei Jahren kei­ne Rendite erzielt. Der Mittelwert ergibt aber (100%+(-50%))/2=25%, daher ist der Mittelwert bzw. durch­schnitt­li­che Rendite für die Berechnung der annua­li­sier­ten Renditen nicht brauch­bar. Mit dem geo­me­tri­schen Mittel √(2x0.5) — 1 = 0 erhält man die kor­rek­te Rendite. 100% wer­den als 2 abge­bil­det und die ‑50% als 0.5, damit ist das Resultat 1, da wir von 1 aus berech­ne­ten, wird am Schluss die 1 abgezogen.

Portfolio mit zwei Assets

Wir fügen dem Asset A ein Asset B hin­zu, die­ses hat die­sel­be Standardabweichung, Mittelwert usw. wie Asset A. Das Portfolio besteht je zu 50% aus Asset A bzw. Asset B.

Ergebnis Erster Münzwurf Zweiter Münzwurf Gesamtergebnis Berechnung Gesamtergebnis
1 Kopf Kopf +30% 0.5x1.3(A) + 0.5x1.3(B) = 1.3
2 Kopf Zahl +10% 0.5x1.3(A) + 0.5x0.9(B) = 1.1 
3 Zahl Kopf +10% 0.5x0.9(A) + 0.5x1.3(B) = 1.1
4 Zahl Zahl -10% 0.5x0.9(A) + 0.5x0.9(B) = 0.9

Da jedes der vier Ergebnisse der­sel­ben Wahrscheinlichkeit unter­liegt, ergibt sich einen Renditefaktor von 1.3x1.1x1.1x0.9 = 1.4157 für vier Zeitperioden. Der Mittelwert ist immer noch 10%, aber die Standardabweichung ist nur noch 14.14%, d. h. das Risiko des Portfolios wur­de redu­ziert. Zudem ist die annua­li­sier­te Rendite auf 9.08% ange­wach­sen. Wie ist dies möglich?

Wenn die Assets eines Depots nicht mit­ein­an­der kor­re­lie­ren, so ver­min­dert sich das Risiko bei mög­li­cher stei­gen­der Rendite. Das Ergebnis des ers­ten Münzenwurfes beein­flusst in kei­ner Weise den Zweiten, daher auch kei­ne Korrelation zwi­schen den bei­den Assets. Wären die bei­de Würfe per­fekt mit­ein­an­der kor­re­liert, so wür­de Ergebnis 2 und 3 nie ein­tre­ten und wir hät­ten die­sel­ben Renditen wie beim Portfolio mit einem Asset. Wären der zwei­te Wurf per­fekt mit dem Ersten invers kor­re­liert, so wür­de Ergebnis 1 und 4 nie ein­tre­ten, somit hät­ten wir ohne Risiko eine annua­li­sier­te Rendite von 10%. Leider wer­den wir nie lang­fris­tig eine voll­stän­di­ge inver­se Korrelation antref­fen — das wäre zu schön.

Arbeitsmappe: AssetAuAuBt.xls

Normalverteilung

Die Moderne Portfolio Theorie (MTP) wur­de 1952 in einem Aufsatz über “Portfolio Selection” von Harry Markowitz vor­ge­stellt. Markowitz hat­te die Annahme nor­mal­ver­teil­ter Renditen dabei nur als eine mög­li­che Voraussetzung für die Anwendbarkeit sei­ner Portfoliotheorie gese­hen. Vorausgesetzt wird von Markowitz, dass es sich bei der erwar­te­ten Rendite eines Wertpapieres um eine Zufallsgrösse han­delt, die inner­halb bestimm­ter Grenzen zufäl­lig schwankt. Die Normalverteilung mit der Standardabweichung σ (bzw. Varianz σ²) vom Erwartungswert μ wird wegen ihrer Einfachheit ger­ne in der Portfoliotheorie benutzt. Leider kann auf prak­tisch allen Finanzmärkten beob­ach­tet wer­den, dass die Wahrscheinlichkeit gros­ser Verluste oder auch Gewinne weit­aus höher ist, als es die Gauß’sche Glockenkurve vor­her­sagt. Ich möch­te die­se Problematik hier nicht wei­ter aus­füh­ren, lie­ber zei­ge ich bild­lich, war­um von einer Glockenkurve gespro­chen wird:

sp500_faz_net

Dieses Histogramm der Jahresrenditen des S&P 500 von 1825–2008 wur­de der FAZ.NET entnommen.

WARNUNG: Die his­to­ri­schen Erwartungswerte müs­sen sich aber kei­nes­wegs in der Zukunft, ins­be­son­de­re nicht in bestimm­ten Zeitperioden bestä­ti­gen. Dennoch ist die erwar­te Rendite bzw. erwar­te­te Risiko für eine län­ge­re Anlageperiode noch immer die Wahrscheinlichste.

Für die UBS habe ich die Häufigkeiten der Tagesrenditen vom 4.01.2005 — 14.08.2009 berech­net. Mit viel Fantasie ist auch hier eine Normalverteilung sicht­bar. Mit der Rendite von 31.66% gab es am 19.09.2008 einen Ausreiser im Gewinnbereich.

ubshaeufigkeit

Arbeitsmappe: ubsHaeufigkeit.xls