Eine Auswertung der BILANZ (21/2008) zeigt, dass Mitte November 80 Prozent der 2877 an der Schweizer Börse kotier­ten Barrier Reverse Convertibles die Schutzschwelle ver­letz­ten und so für ihre Besitzer zum Verlustgeschäft wur­den. Von den 2314 betrof­fe­nen Produkten durch­bra­chen mehr als die Hälfte in den ers­ten Oktobertagen die Auffangnetze. Bei all die­sen Produkten steht nun die Auslieferung des schlech­tes­ten Basiswerts oder eine ent­spre­chen­de Barauszahlung an. Besonders gross ist der Ärger, wenn für die Aktienlieferung auch noch Börsenabgaben und Courtagen fäl­lig werden.

Gemäss der Handelszeitung 47/2008 buch­te die struk­tu­rier­ten Produkte im Oktober 2008 ein Umsatzrückgang von 13%, hin­ge­gen notier­ten ETF mit 7.6 Mrd. Fr. gar ein Allzeithoch. Der Trend geht zu fle­xi­blen, kos­ten­güns­ti­gen und vor allem trans­pa­ren­ten Produkten. Laut Bloomberg stieg das welt­wei­te Handelsvolumen aller ETF-Anbieter im September mit 96.3 Mrd. Euro pro Tag im Jahresvergleich um knapp 130%. Laut dem FWW-Fonds-Factbook 2007/2008 gin­gen die Gesamtkosten bei den Indexfonds im Schnitt um 0.04% zurück, dage­gen stie­gen die Kosten für alter­na­ti­ve Fonds um 0.87%.

Nachtrag: 10.1.2009, Handelszeitung Nr. 1/2 2009

Die Finanzkrise hat auch die Umsätze an der Schweizer Börse zum Schmelzen gebracht. Gemäss der pro­vi­so­ri­schen Daten der SIX Swiss Exchange wur­de 2008 ein Umsatzrückgang von 23.5% regis­triert. Die gröss­ten Einbussen muss­ten das Segment der inter­na­tio­na­len Bonds hin­neh­men (-41.9%). Auch die Aktien (inkl. Fonds und Exchange Traded Structu Funds) gin­gen um 27.4% zurück. Die Umsätze der struk­tu­rie­ren Produkte waren um 19.9% rück­läu­fig. Einen Umsatzzuwachs von 36.8% ver­zeich­ne­ten dage­gen die Exchange Traded Funds. Anleihen in Schweizer Franken stie­gen um 24.4%.

Leider haben die Europäer gegen­über den US-Amerikanern die Vorteile der pas­si­ven Investmentprodukte noch nicht erkannt. Beispielsweise wer­den in Deutschland nur 10% der Vermögensanlagen pas­siv ver­wal­tet, in den USA liegt die­se Quote etwa bei 35%. Offensichtlich glau­ben noch immer vie­le Europäer fälsch­li­cher­wei­se, dass aktiv gema­nag­te Aktien- oder Obligationenfonds eine Mehrrendite erwirtschaften.

Dann doch lieber ein Hedgefonds als ein strukturiertes Produkt

Auszug aus: Wegelin und Co., Anlagekommentar Nr. 260 vom 9. Dezember 2008 
Was sind aber die Alternativen zu Cash? Hedge Fonds? Können wir abha­ken. Ausser die paar ganz weni­gen, die sich strikt an das Gebot von Transparenz und Liquidität gehal­ten haben, darf man die meis­ten Hedge Fonds getrost dem Abfalleimer der Finanzgeschichte anvertrauen.
Wegelin und Co. ist stark in struk­tu­rier­te Produkte enga­giert, daher viel­leicht die etwas zu nega­ti­ve Einstellung gegen­über den Hedgefonds. Ich per­sön­lich wür­de auch nach dem Madoff Milliarden-Schneeballsystem, wes­sen Opferliste län­ger wird, alle Dach-Hedgefonds oder Einzel-Hedgefonds schon toten.
Vielleicht wer­den auf Grund der jüngs­ten Madoff-Vorfälle die Hedgefonds bes­ser regu­liert. Ob die bis­he­ri­ge Geheimniskrämerei der Hedgefonds-Manager über ihre Strategie auch in der Zukunft auf­recht behal­ten wer­den kann – ich bezweif­le es.

Einige Probleme der strukturierten Produkte

Fehlendes Beraterwissen

Doch gera­de mal 16 Stunden wer­den bei den Schweizer Banken laut einer Umfrage der Universität Zürich in die Ausbildung der Kundenberater für struk­tu­rier­te Produkten inves­tiert. Dabei ist die Rolle des Kundenberaters von zen­tra­ler Bedeutung. 70% der Anleger inves­tie­ren in struk­tu­rier­te Produkte durch Vermittlung von Beratern. Die Kunden ver­trau­en den Empfehlungen, weil sie die Produkte gene­rell als kom­pli­ziert beurteilen.

Zu kompliziert

Neue Produkte wer­den wie­der ein­fa­cher kon­stru­iert und dabei wird auf bekann­ten Basiswerten gebaut. Noch bis in die ers­te Hälfte 2007 gehör­ten Gold oder Währungen zu den häu­figs­ten Basiswerten für struk­tu­rier­te Produkte. Natürlich las­sen sich im aktu­el­len Marktumfeld mit die­ser hohen Volatilität, bei­spiels­wei­se attrak­ti­ve Barrier-Reverse-Convertible auf einem ein­zel­nen Basiswert wie etwa dem SMI kon­stru­ie­ren. Noch bis vor einem Jahr konn­te der Anleger nur Multi Barrier-Reverse-Convertibles einen hohen Zinscoupon erreichen.

Versteckte Gebühren

Den Banken kommt ent­ge­gen, dass für die meis­ten struk­tu­rier­ten Produkte kein liqui­der Markt besteht. Zudem machen sich die Banken den Umstand zu Nutze, dass die meis­ten Anleger nicht beur­tei­len kön­nen, ob es sich um einen fai­ren Marktpreis han­delt. Sie erhal­ten kei­ne detail­lier­ten Informationen die mathe­ma­ti­schen und sta­tis­ti­schen Grundlagen, die die Bank zur Preisbildung ver­wen­det. Das Transparent besteht nur beim Auszahlungsdiagramm des Produktes, d.h. der Kunde weiss bei wel­chen Szenarien er Verluste bzw. Gewinner erzie­len kann. Fachleute schät­zen, dass struk­tu­rier­te Produkte unter dem Strich durch­schnitt­lich 3% pro Jahr kos­ten. Sie sind damit deut­lich teu­rer als die meis­ten Anlageformen.

Gegenparteirisiko

Mit dem Ausfall der Emittentin Lehman Brother, wur­de den Anlegern von struk­tu­rier­ten Produkten bewusst, dass bei die­sen Anlageprodukten ein Gegenparteirisiko besteht. Bei ETF ist das Gegenparteirisiko sehr beschränkt. Wird der Index mit Full-Replication nach­ge­bil­det, so kann ein Gegenparteirisiko aus­ge­schlos­sen wer­den. Gewisse Indizes las­sen sich aber nur unge­nü­gend mit Full-Replication nach­bil­den, daher kommt eine syn­the­ti­sche Replikation zur Anwendung. Bei die­sem Swap-Ansatz besteht ein Gegenparteirisiko, die­ses ist jedoch auf maxi­mal 10% beschränkt und in der Praxis beträgt es zwi­schen 2 und 7%. Es gibt aber auch ETF-Anbieter wie Lyxor und db x‑trackers, wel­che den Swap-Ansatz grund­sätz­lich bevorzugen.

Die Unwissenheit eines Marc Zahn

Der schei­den­de CEO der Derivat-Börse Scoach, weiss nicht, dass mit ETFs auch auf fal­len­de Märkte spe­ku­liert wer­den kann. In der Handelszeitung 50/2008 ant­wor­te­te er auf die fol­gen­de Frage:Gar kein Gegenpartrisiko bie­ten ETF. Sie haben in den letz­ten Monaten stark zuge­legt. Eine Gefahr für struk­tu­rier­te Produkte?
Zahn: Nein. Wir waren in den letz­ten zwei, drei Jahren im gan­zen Finanzsektor die schnell wach­sen­de Asset-Kategorie. Im Augenblick ist das der ETF. Das kann sich aber auch ändern. Mit ETF kön­nen Sie nur auf stei­gen­de Märkte set­zen, mit Derivaten jedoch jede Marksituation abbilden.

DJ EURO STOXX 50

Es gibt auch Short-ETFs, im obi­gen Chart ist bei­spiels­wei­se der db x‑trackers DJ EURO STOXX 50 SHORT ETF abge­bil­det. In Europa sind die­se Short-ETF noch nicht so zahl­reich ver­brei­tet, hier ist die Entwicklung in den USA wei­ter vor­ge­schrit­ten, sie ProShare.

Marc Zahn soll­te sich viel­leicht auch ein­mal mit der Welt aus­ser­halb der struk­tu­rie­ren Produkte aus­ein­an­der­set­zen. Für mich ist klar, nir­gends kann mit sowe­nig Wissen so viel ver­dient wer­den wie in der Finanzindustrie, dort scheint es wirk­lich eine Ansammlung von gut ver­die­nen­den Unwissenden zu geben.

Ein Gedanke zu „Exchange Traded Funds (ETF) die Alternative zu Strukturierte Produkten und Aktienfonds

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